wordspersecond.’s review published on Letterboxd:
Das El Royale Hotel hat seine besten Zeiten längst hinter sich. Der Glanz vergangener Tage blitzt zwar noch hie und da unter all dem angesetzten Staub hervor, aber inzwischen ist das Hotel eher zu einer Absteige für zwielichtige Gestalten verkommen. So ergibt sich auch, dass sich dort eines schicksalshaften Tages die Wege von vier Reisenden kreuzen. Sie alle hat es aus unterschiedlichen Gründen in dieses Hotel verschlagen. Und sie alle haben etwas zu verbergen. Doch auch das Hotel selbst, das El Royale, birgt so manches Geheimnis. Wenn die Wände reden könnten, sie würden schreien…
Drew Goddards BAD TIMES AT THE EL ROYALE ist ein Ensemble-Film, in welchem dem Ensemble erfreulicherweise genügend Wertschätzung zu Teil wird. Das heißt, alle Figuren sind fein ausgearbeitet, vielschichtig geschrieben und sie alle tragen ihren Teil zum Verlauf der Geschichte bei. Doch es bedeutet auch, dass der Film weniger Plot Driven ist, sondern viel eher Character Driven. Einige mögen daher vielleicht mokieren, dass sich Drehbuchautor und Regisseur Drew Goddard zu viel Zeit nehme, um die Handlung voranzubringen und dass der Film ohnehin viel zu lang geraten sei. Und diese Kritik hat durchaus ihre Berechtigung. Wer sich jedoch auf die Figuren einlassen und von dem hervorragenden Schauspiel in den Bann ziehen lassen kann, wird sich wohl kaum daran stören. Für mich jedenfalls vergingen die knapp zweieinhalb Stunden wie im Fluge.
Ganz nebenbei sieht der Film auch noch fantastisch aus und der Soundtrack passt wie die Faust auf‘s, ähm, Ohr. Ein besseres Händchen für die geeignete Filmmusik beweisen möglicherweise nur noch Edgar Wright oder Quentin Tarantino.
Wodurch sich der Thriller zudem noch auszeichnet, ist das World Building. Jeder einzelnen Figur sowie dem El Royale Hotel selbst wurde eine eigene Backstory spendiert. Zwar spielt sich der Großteil der Handlung an einem Ort ab, aber durch clever geschriebene Dialoge, eingestreute Hinweise und gut platzierte Rückblenden wirkt die Welt schnell größer und lebendiger. Auch die aufgemachten Geheimnisse tragen nicht unerheblich zu diesem Gefühl bei.
Leider jedoch verfolgt Goddard die Strategie, nicht jedes einzelne dieser Geheimnisse genauer zu durchleuchten. Dadurch wird zwar der Anschein von Vielschichtigkeit gewahrt und das Geschehen bleibt bis zum Ende hin mysteriös. Aber einige offene Fragen bleiben ungeklärt, wodurch Teile des Publikums gegebenenfalls etwas unzufrieden zurückgelassen werden könnten.
Wer jedoch nach dem Abspann das eigene Kopfkino bedient, nicht alles bis ins kleinste Detail erläutert bekommen muss und sich außerdem von der langen Laufzeit nicht abschrecken lässt, wird mit einer gut konstruierten Story, einem wunderbar aufgelegten Cast und einem durchweg spannenden Thriller belohnt.