Janina’s review published on Letterboxd:
Ich habe bei Geschlechterfragen die Meinung, dass es völlig egal ist, ob man männlich, weiblich oder sonstwas ist, weil es mich als Person nicht ausmacht. Deshalb finde ich es beispielsweise schlimm, nach "für Jungs" und "für Mädchen" zu unterscheiden, als könnte man das nicht viel besser vom individuellen Charakter abhängig machen. Und deswegen ist es mir normalerweise egal, ob ein Mann oder eine Frau die Hauptrolle in einem Film spielt. Der Hype um Wonder Woman hatte für mich zeitweise den unangenehmen Beigeschmack, als würde der Film nur deshalb gelobt werden, weil sie ausnahmsweise eine Frau ist. Wäre es auch dann noch ein guter Superheldenfilm, wenn man sie nicht auf ihr Geschlecht reduzieren würde?
Glücklicherweise ist er das. Seit Nolans Batman Trilogie dürfte es der beste DC Film sein, den ich gesehen habe. Und glücklicherweise arbeitet er sich nicht an Frauen- und Männerklischees ab, sondern Wonder Woman ist einfach eine sympathische, überzeugende Heldin für alle, und dazu noch mit spannender Backstory. Mir jedenfalls hat sie gefallen, schon alleine weil ich schon immer ein Faible für Schwertkampf hatte. Und sie ist zwar auf eine ähnlich übermenschliche Art "gut" wie Superman, aber hat dann doch mehr Ecken und Kanten als er, und ich konnte gut mit ihr mitfühlen. Ja doch, ich mag Wonder Woman. Gal Gadot passt in die Rolle.
Und um auf die Sache mit den weiblichen Superhelden zurückzukommen: Tatsächlich hat mich die Tatsache, dass sie eine Frau ist, mehr auf einer persönlichen Ebene angesprochen, als ich erwartet hätte. Das passiert mir wirklich selten. Aber ich musste während des Films daran denken, wie ich als Kind Heldinnen mit Schwertern aus Lego gebaut habe, und mir alles dazu selber ausdenken musste, weil ich keine vergleichbaren Frauen aus Filmen kannte. Mein Vergangenheits-Ich hätte Wonder Woman geliebt. Das bedeutet nicht, dass ich eine Frauenquote bei Superhelden fordere, aber wenn ich zurückdenke, habe ich tatsächlich noch nie einen ordentlichen Film mit weiblichen Superhelden als Protagonistinnen gesehen. Und dass es jetzt endlich einen gibt, fühlt sich gut an. Gerade weil sie sich so normal benimmt. Sie springt durch Wände und kämpft wie jeder andere Superheld, ohne Extrawürste oder unnötigerweise verweiblichende Züge.
Das ist auch einer der Gründe, weshalb ich ziemlich darüber lachen muss, wenn man dem Film vorwirft, zu feministisch zu sein. Wie bitte? Wem das ernsthaft nach der Sichtung dazu einfällt, der dürfte gar nicht mehr auf die Straße gehen, weil ihm dort ja eine Frau begegnen könnte, und alleine deren bloße Existenz ein feministisches Statement wäre. Wonder Woman ist ein weiblicher Superheld... einer von extrem wenigen. Na und? Hier werden Männer nicht schlecht dargestellt und sie nimmt niemandem etwas weg.
Ich hatte sogar den Eindruck, dass der Film versucht, ausgerechnet NICHT in die Feministen-Ecke gerückt zu werden, indem er sich beim männlichen Publikum ganz schön einschleimt. Man sehe sich nur die Rolle von Chris Pine an, die für mich der größte Negativpunkt am gesamten Film war, weil sie ziemlich plump wirkt. Er ist ein strahlender Held ohne Superkräfte, was ihn im Grunde sogar noch heldenhafter erscheinen lässt. Er weicht kaum eine Sekunde von Wonder Womans Seite und ist immer vorne bei der Action mit dabei. Er muss von der einen Szene am Anfang abgesehen nie von ihr gerettet werden. Den ganzen Film über habe ich mir vorgestellt, wie ein Superman Film aussehen würde, wenn die Rolle von Lois Lane so angelegt wäre. Das wird aber wahrscheinlich niemals passieren - weil es für Hollywood eben doch noch einen Unterschied macht. Es wirkt tatsächlich auf mich, als hätten sie sich nicht getraut, einen Wonder Woman Film ohne gleichwertig starke männliche Hauptrolle zu drehen.
Was ich auf eine angehme Art ungewöhnlich fand, war die Einbindung des ersten Weltkriegs. Das hätte gerade nach dem Fantasymäßigen Einstieg auf der Amazoneninsel leicht schief gehen können, aber die Mischung aus Spaß und Ernst hat dann doch gut funktioniert. Gegen Ende zogen sich einige Szenen vielleicht etwas.
Alles in allem aber ein feiner Superheldenfilm, der vor allem von seiner Heldin lebt, aber dessen Handlung für Superheldenfilm-Standards auch nicht zu verachten war. Und die Kämpfe sahen auch gut aus. Außerdem liebe ich dieses eine Kampf-Theme aus dem Soundtrack. Eine Fortsetzung darf gerne kommen. Dann kann man an ein paar Charakteren und kitschig wirkenden Szenen vielleicht noch feilen.